Orthosomnie – Schlaf um jeden Preis?

Wenn die Jagd nach dem perfekten Schlaf den Schlaf raubt

Was ist Orthosomnie?

Orthosomnie bezeichnet ein relativ neues Phänomen, das erstmals 2017 in der wissenschaftlichen Literatur beschrieben wurde. Der Begriff setzt sich zusammen aus dem griechischen „ortho“ (richtig) und „somnus“ (Schlaf) – und beschreibt eine Überfixierung auf das Ziel, „optimal“ zu schlafen.

Menschen mit Orthosomnie entwickeln einen hohen Perfektionsanspruch an ihre Schlafqualität. Sie überwachen ihren Schlaf streng – meist mithilfe von Fitness-Trackern, Smartwatches oder Schlaf-Apps – und geraten in Stress, wenn ihre Geräte ihnen „schlechten“ Schlaf attestieren.

Ironischerweise führt genau dieser Druck oft zu:

👉 verstärkten Ein- und Durchschlafproblemen

👉 erhöhter Anspannung vor dem Zubettgehen

👉 einer Abwärtsspirale aus Sorgen, Selbstbeobachtung und Müdigkeit

Wie entsteht Orthosomnie?

Der Einfluss von Technologie

Die Verbreitung von Wearables und Schlaf-Tracking-Apps hat dazu geführt, dass immer mehr Menschen ihre nächtliche Ruhe objektivieren wollen. Dabei unterschätzen sie oft die Messfehler dieser Geräte.

Der psychologische Teufelskreis

Orthosomnie ist eng verwandt mit psychischen Mechanismen, die auch bei klassischen Schlafstörungen auftreten:

  • Überwachung und Bewertung des eigenen Schlafes („War mein Schlaf heute Nacht gut genug?“)
  • Sorgen vor den Folgen schlechten Schlafs („Morgen werde ich nicht leistungsfähig sein“)
  • kompensatorische Maßnahmen (z. B. früher ins Bett gehen, mehr Zeit im Bett verbringen), die den Schlaf weiter stören

Warum Orthosomnie den Schlaf verschlechtert

➡ Schlaf ist ein natürlicher Prozess, der durch „Loslassen“ begünstigt wird. Je mehr wir uns anstrengen, desto eher scheitern wir.

➡ Studien zeigen: Menschen mit Orthosomnie haben überhöhte Selbstaufmerksamkeit und neigen zu Grübeln im Bett – beides Faktoren, die Insomnie verstärken.

➡ Die Geräte verstärken oft den Fokus auf angebliche Defizite – selbst wenn sich Betroffene eigentlich ausgeruht fühlen.

Wege aus der Orthosomnie

Weniger messen, mehr spüren

Schlaftracker können hilfreich sein, aber bei Orthosomnie gilt: bewusste „Digital Detox“-Phasen einlegen, die Geräte nachts ablegen und sich wieder auf das eigene Körpergefühl verlassen.

Gedankenhygiene üben

Techniken aus der Psychotherapie für Insomnie helfen, den Bewertungsdruck abzubauen:

✅ „Schlechter Schlaf ist unangenehm, aber verkraftbar.“

✅ „Nicht jede Nacht muss perfekt sein.“

Das Bett nicht zum Grübeln nutzen

Wenn das Gedankenkarussell losgeht: aufstehen, in einem anderen Raum einer ruhigen Tätigkeit nachgehen, bis die Müdigkeit zurückkehrt.

Achtsamkeit und Akzeptanz stärken

Achtsamkeitsbasierte Ansätze helfen, den inneren Druck zu verringern und den Moment zuzulassen – auch wenn er schlaflos ist.

Hypnosetherapie

Hypnose kann bei Orthosomnie wirksam eingesetzt werden, indem sie hilft, übersteigerte Aufmerksamkeit und angstbesetzte Kontrollmechanismen in Bezug auf den Schlaf zu reduzieren und so eine selbstregulierende, entspannte Schlafbereitschaft fördert.

Fazit

Orthosomnie zeigt: Selbst das Streben nach Gesundheit kann ungesund werden, wenn Perfektionismus und Kontrolle überhandnehmen. Wer den Schlaf verbessern will, darf üben, weniger zu wollen – und dem Schlaf wieder Raum zu geben, ganz ohne Zwang.

Quellen

  • Baron, K. G., Abbott, S., Jao, N., Manalo, N., & Mullen, R. (2017). Orthosomnia: Are some patients taking the quantified self too far? Journal of Clinical Sleep Medicine, 13(2), 351–354.
  • Chinoy, E. D., Cuellar, J. A., & Huwa, K. E. (2021). Performance of seven consumer sleep-tracking devices compared with polysomnography. Sleep, 44(5), zsaa291.
  • de Zambotti, M., et al. (2016). How well does the Fitbit device measure sleep in healthy adolescents? Sleep Health, 2(2), 142–147.
  • Edinger, J. D., & Carney, C. E. (2015). Overcoming insomnia: A cognitive-behavioral therapy approach. Oxford University Press.
  • Harvey, A. G. (2002). A cognitive model of insomnia. Behaviour Research and Therapy, 40(8), 869–893.
  • Ong, J. C., Shapiro, S. L., & Manber, R. (2008). Mindfulness meditation and cognitive behavioral therapy for insomnia: A natural combination. Sleep Medicine Clinics, 3(2), 323–335.

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