Identifikationskrise in der Adoleszenz: Warum sie wichtig und notwendig ist

Die Adoleszenz – jene Zeitspanne zwischen Kindheit und Erwachsenenalter – ist eine Phase intensiver Veränderungen. Körperliche, psychische und soziale Umbrüche fordern Jugendliche heraus, sich selbst neu zu definieren. Ein zentraler Begriff im Zusammenhang mit dieser Entwicklungsphase ist die Identifikationskrise.

Doch was genau versteht man darunter? Warum gehört eine solche Krise fast zwingend zur Adoleszenz, und wie können Jugendliche (und ihre Bezugspersonen) damit umgehen?

Was ist eine Identifikationskrise?

Der Begriff Identifikationskrise bezieht sich auf die Unsicherheit und den inneren Konflikt, den Jugendliche empfinden, wenn sie versuchen, ihre Identität zu entwickeln. Sie stellen sich zentrale Fragen:

  • Wer bin ich?
  • Wo gehöre ich dazu?
  • Was möchte ich im Leben erreichen?
  • Welche Werte sind mir wichtig?

Diese Krise ist eng verbunden mit der Theorie des psychosozialen Identitätsmodells von Erik Erikson. Laut Erikson steht die Adoleszenz im Zeichen der Entwicklungsaufgabe “Identität versus Rollendiffusion” (Erikson, 1968). Jugendliche müssen eine stabile Identität herausbilden, indem sie verschiedene Rollen und Werte ausprobieren. Scheitert dieser Prozess oder bleibt unvollständig, kann es zu Rollendiffusion oder anhaltender Identitätsunsicherheit kommen.

Warum ist eine Identifikationskrise “normal”?

Eine Identifikationskrise ist nicht nur typisch, sondern auch notwendig. Ohne sie wäre es kaum möglich, zu einer eigenständigen Persönlichkeit heranzureifen. In dieser Phase geht es darum, alte Muster (aus der Kindheit) kritisch zu hinterfragen und neue Wege zu erproben.

Die moderne Entwicklungspsychologie spricht hier oft von “Moratorium” – einer Zeit des Ausprobierens ohne feste Verpflichtung (Marcia, 1966). Dieses Moratorium ermöglicht es Jugendlichen, verschiedene Identitäten zu testen, bevor sie sich langfristig binden (z. B. beruflich oder partnerschaftlich).

Typische Auslöser und Herausforderungen

Mehrere Faktoren können die Identifikationskrise verstärken:

  • Körperliche Veränderungen (Pubertät, Sexualität)
  • Familiäre Erwartungen (z. B. Berufswahl, Wertevorstellungen)
  • Gesellschaftlicher Druck (z. B. Schönheitsideale, Social Media)
  • Freundschaften und Peer-Gruppen (Zugehörigkeit und Abgrenzung)
  • Kulturelle Unterschiede (besonders bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund)

Die Verarbeitung dieser Herausforderungen ist individuell sehr verschieden: Während manche Jugendliche relativ stabil bleiben, geraten andere in tiefe Unsicherheiten oder sogar psychische Krisen.

Was hilft Jugendlichen in dieser Phase?

Unterstützung kann in mehrfacher Hinsicht helfen:

  • Vertrauensvolle Beziehungen: Eltern, Lehrer:innen und andere Bezugspersonen sollten zuhören, ohne vorschnelle Urteile zu fällen.
  • Ermutigung zum Ausprobieren: Jugendliche sollten die Freiheit haben, sich in unterschiedlichen Rollen zu erproben.
  • Reflexionsangebote: Gespräche, Mentoring oder auch kreative Ausdrucksformen (z. B. Tagebuchschreiben, Kunst) helfen, das Selbstverständnis zu klären.
  • Geduld: Identitätsbildung ist ein Prozess, der oft mehrere Jahre dauert und Rückschläge beinhaltet.

Eine besonders wichtige Rolle spielen auch Peers: Freundschaften bieten Jugendlichen emotionale Unterstützung und ein Übungsfeld für soziale Rollen.

Fazit

Die Identifikationskrise in der Adoleszenz ist ein natürlicher Bestandteil der persönlichen Entwicklung. Statt sie zu vermeiden oder zu unterdrücken, sollten wir Jugendlichen Raum und Unterstützung bieten, um ihre eigene Identität zu finden. Dieser Prozess legt das Fundament für ein gesundes und erfülltes Erwachsenenleben.

Quellen:

  • Erikson, E. H. (1968). Identity: Youth and Crisis. New York: W. W. Norton & Company.
  • Marcia, J. E. (1966). Development and validation of ego-identity status. Journal of Personality and Social Psychology, 3(5), 551–558.
  • Hurrelmann, K. (2018). Lebensphase Jugend: Eine Einführung in die sozialwissenschaftliche Jugendforschung (13. Auflage). Beltz Verlag.
  • Petzold, H. (1993). Integrative Therapie. Identität und Lebenswelten. Paderborn: Junfermann.

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